Verkehrserziehung: Schule fürs Leben - und Überleben

August 2022

Die Verkehrsschule auf dem NG Campus ist ein Modellprojekt - weit über die Grenzen von Pogradec hinaus

Der erste Verkehrsübungsplatz Albaniens befindet sich auf dem NG-Campus in Buçimas am Ufer des Ohridsees und in der Nähe der Stadt Pogradec.

 

Zwischen Gebäuden schlängeln sich Straßen mit aufgemalten Pfeilen, Zebrastreifen, Verkehrsschildern und sogar einer Miniaturampel - wir befinden uns auf dem Verkehrsübungsparcours von Nehemiah Gateway in Albanien.

Hier lernen Viertklässler, sich sicher im Verkehr zu bewegen, vor allem mit dem Fahrrad. Nicht nur Klassen der NG Schulen trainieren hier, sondern auch Kinder aus öffentlichen Schulen aus der Stadt Pogradec und den umliegenden Dörfern. Jährlich absolvieren etwa 600 Kinder die Schulung beim langjährigen NG Mitarbeiter Eritan Kamolli, dem diese Aufgabe sichtlich Freude macht. Corona hat diese Zahl zwar eine Zeit lang reduziert, aber es geht wieder deutlich aufwärts!

In der Stadt Pogradec ist die Situation besonders im Sommer schwierig, wenn mehr Touristen als Einwohner die Straßen bevölkern. In den letzten Jahren wurde viel in Straßenbau und die Beschilderung investiert, aber es ist immer noch gefährlich, insbesondere für Fahrradfahrende und Menschen, die zu Fuß unterwegs sind.

 

PROFESSIONELLE HILFE

Werner Hoyer (rechts) leitet die Ausbildung zusammen mit Gästen von der örtlichen Polizei.

 

Bereits 2014 wurde der NG Verkehrsübungsplatz vom damaligen Verkehrserzieher Werner Hoyer aus Weilheim i.OBB geplant, der erste Parcours dieser Art in ganz Albanien. Bis heute kommt Werner immer wieder nach Buçimas, unterstützt von seiner Familie und Kollegen und Kolleginnen der Gebiets-Verkehrswacht Schongau e.V. in Oberbayern.

Das findet auch in Deutschland Anklang. Für ihre hervorragende Verkehrssicherheitsarbeit und insbesondere das Projekt „Verkehrsprävention in Albanien – Hilfe zur Selbsthilfe“ in Buçimas erhielten sie kürzlich den mit 1.550 € dotierten „mobil und sicher“-Preis 2022 in Gold verliehen - eine willkommene Hilfe um neue Projekte und Ideen Wirklichkeit werden zu lassen!

 

SIMULIERTER RAUSCHZUSTAND

Die nächste Zielgruppe in Pogradec sind Teenager. Junge Menschen die heranwachsen und unabhängig werden, lassen sie sich allzu leicht zu schlechten Entscheidungen verleiten - insbesondere in einem Land, in dem Alkohol auch für Personen unter 18 Jahren leicht erhältlich ist. Für sie hatte die Gruppe Rauschbrillen im Gepäck, mit denen man sich ganz einfach in einen simulierten Rauschzustand bringen und Erfahrungen sammeln kann, wie das Verhalten durch Alkohol- oder Rauschmittelkonsum beeinträchtigt wird. Im Rahmen einer Multiplikatoren-Schulung wurden bereits Lehrkräfte aus umliegenden Schulen sowie Mitarbeitende von NG mit dem Rauschbrillenparcours vertraut gemacht.

Rauschbrillen - ein sehr wirksames Instrument zur Sensibilisierung.

 

Es wurden allerlei Möglichkeiten des Einsatzes der Rauschbrillen aufgezeigt und natürlich intensiv ausprobiert. Werner Hoyer bemerkt: „Spaß bei Testen der Brillen, aber auch die Ernsthaftigkeit von Folgen durch Rauschmittel im Straßenverkehr kamen nicht zu kurz.“ Sogar die örtliche Polizei beteiligt sich regelmäßig an den Schulungen. In Zukunft sollen alle Gymnasialklassen in Pogradec die Möglichkeit bekommen, an einem Training zur Wirkung von Rauschmitteln im Straßenverkehr teilzunehmen.

 

SPIELERISCH LERNEN

Eine weitere Zielgruppe sind die ganz Kleinen. Kindergartenkinder lernen auf dem Verkehrsübungsplatz spielerisch die wichtigsten Verkehrsregeln.Die ersten Unterrichtseinheiten fanden bereits statt und Ausbilder-Schulungen für ein langfristiges Konzept laufen.

Eritan Kamolli unterrichtet Viertklässler aus Schulen in der Umgebung.

 

Für all diese Aktivitäten bringen Werner Hoyer und seine KollegInnen nicht nur großes Know-how mit, ihre Koffer sind auch immer prall gefüllt: Rauschbrillen und Zubehör, Sicherheitsüberwürfe für Erstklässler, Stifte, Malblätter und vieles mehr.

 

ÜBER DIE GRENZEN VON POGRADEC HINAUS

Nicht nur in Pogradec ist Verkehrssicherheit ein Thema. Zunehmend beschäftigt das auch öffentliche Stellen, man arbeitet daran, Albaniens Straßen sicherer zu machen. Dazu ist schon viel geschehen, die Zahl der Unfälle ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Das Modell der NG Jugendverkehrsschule hat sich herumgesprochen bis in die Hauptstadt Tirana. Es gab Gespräche mit Frau Rustemi, der Stellvertretenden Bürgermeisterin Tiranas und Herrn Schaefer, Transport Policy Advisor von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), und schon im Oktober werden Werner Hoyer und vier Verkehrswacht-KollegInnen in Tirana mit Ausbildung und Sicherheitstrainings beginnen.

Herolinda Shkullaku, Geschäftsführerin von NG Albania, fasst zusammen:

„Das Projekt Verkehrsschulung ist sehr wichtig. Die Kinder der vierten Klasse sind gerade im richtigen Alter für das Training mit dem Fahrrad, sie arbeiten gerne mit und zeigen großes Interesse. Auch die Lehrkräfte, die Schulen und das Schulamt sind dankbar für diese Möglichkeit der Schulung. Ich bin froh, auch bei öffentlichen Stellen in Albanien ein wachsendes Interesse zu sehen, Vorsorge und Bewusstsein für die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen.“

Dieses Projekt hat das Potential, positive Veränderungen in Albanien zu bewirken und Menschenleben zu retten.